1. Guter Immunstatus - richtiges Biestmilchmanagement
✔ Erstgemelk von (euter-)gesunden Kühen verwenden:
Da die Kolostrumqualität schwankt (zwischen 20 –100 g Immunglobuline pro Liter ), Qualitat prüfen, von gutem Kolostrum Notfallreserve anlegen (einfrieren)!
„Handtest“: Fühlen mit der Hand - je klebriger, desto besser
Hilfsmittel: Kolostrumspindel, Brix-Refraktometer, ColostroCheck
✔ Kolostrum möglichst rasch nach der Geburt verabreichen:
Der Saugreflex der Kälber ist kurz nach der Geburt am stärksten, die Darmschranke wird nach wenigen Stunden für die Antikörper undurchlässig.
✔ Kolostrummenge:
Mind. 3 Liter direkt nach der Geburt verabreichen. Das restliche Erstgemelk ansäuern (pH < 5,0) und stallwarm zur freien Aufnahme anbieten.
✔ Verabreichung:
Kolostrum am besten per Nuckeleimer oder -flasche tränken! Unbeaufsichtigt an der Kuh bekommen bis zu 60 % der Kälber zu wenig Kolostrum. Wenn das Kalb nicht freiwillig trinkt: drenchen!
✔ Überprüfung des Kolostrummanagements:
Dazu nimmt der Tierarzt Blutproben, um den Gesamteiweißgehalt im Blut der Kälber zu bestimmen. Das Serum wird abzentrifugiert und mittels Refraktometer betrachtet.
2. Gutes Futter – Kennzahlen zur Fütterung
✔ Grundsatz:
Hohe Futterintensität besonders in den ersten Wochen. Dies hat deutlich positive Effekte auf die Gesundheit der Kälber und auf das spätere Leistungsvermögen.
✔ Ad-libitum-Fütterung in den ersten 3 Lebenswochen:
Eimer mit Deckel verwenden, Milch leicht ansäuern (pH 5,5), 2x tägl. Milch frisch anbieten (6-9L) und zur freien Aufnahme hängen lassen
✔ Bedarf eines 50 kg Kalbes (Erhaltung + 800 g Tageszunahme):
Hochwertiger MagermilchMAT: 9 Liter mit 160 g MAT/l Wasser oder Vollmilch: 9 Liter, unverdünnt
Achtung: Erhöhter Erhaltungsbedarf bei niedrigeren Temperaturen: Bei 0°C einen Liter Vollmilch oder 160 g MAT mehr tränken
Wichtig: Wasser zur freien Aufnahme ab dem ersten Lebenstag anbieten! Eisenergänzung nicht vergessen: direkt nach der Geburt 1 g Eisen (oral oder als Injektion) und/oder Vollmilchaufwerter verwenden.
3. Platz, Luft, Licht – Kennzahlen zur Haltung
✔ Platz: Gut geeignet sind Kälberiglus
auf befestigtem Untergrund mit leichtem Gefälle aufstellen; Überdachung als Sonnenschutz, für trockenen Auslauf und leichte Kontrolle; mit reichlich trockenem Stroh einstreuen ("Nesting Score" 3); ausreichend Abstand zum Nachbariglu; ausreichende Anzahl Iglus für Rein-Raus-Verfahren mit gründlicher Reinigung, Desinfektion und Leerstand zwischen den Durchgängen!
✔ Luft: Kälber sind mind. bis zum 6. Lebensmonat sehr empfindlich gegenüber Ammoniak
Luftfeuchte 60 – 80 %; ausreichende Lufterneuerung; moderate Luftbewegung; Belegungsdichte ≥ 3 m² pro Kalb; minimale Staubentwicklung; Nutzung von z. B. wetterabhängig verstellbaren Windschutznetzen, Jalousien oder Spaceboardlüftung; Schadgaskonzentrationen: NH3 < 5 ppm ( im Liegebereich), H2S < 5ppm, CO2 < 3000ppm
✔ Licht: Täglich für mind. 10 Stunden 80 Lux
Zugfreies Kleinklima für neugeborene Kälber - kalte Fallluft unbedingt vermeiden! Hohe Hallen sind ebenso wie niedrige Warmställe für junge Kälber ungeeignet!
4. Gesundheit und Betreuung
✔ Das gesunde Kalb:
Körpertemperatur zwischen 38,5 und 39,5° C; Atmung 24 bis 36 /min, kein Husten, Stöhnen oder ähnliches Puls 90 bis 120 /min; aufmerksames Verhalten; Nabel und Gelenke unauffällig
✔ Kennzahlen Kälbergesundheit:
Sterblichkeit um die Geburt: ≤ 5 %; Kälberverluste im ersten Lebensmonat: ≤ 2 %; Anteil Kälber mit Durchfall: ≤ 20 %; Anteil Kälber mit Lungenerkrankungen: ≤ 6 %
✔ Häufige Krankheiten beim Kalb: Notwenige Eingriffe möglichst schmerzfrei durchführen!
Neugeborenendurchfälle; Atemwegserkrankungen; Nabelentzündung; Trichophytie (Glatzflechte)
5. Kennzahlen zur weiteren Aufzucht
✔ Bis zum 8. Lebensmonat:
Hohe Zunahmen: 850 g Lebensmassezunahme/Tag sind anzustreben; 11 MJ ME / kg TS, d. h. gutes Grundfutter und bis zu 2 kg Kraftfutter täglich; ausreichende Vitamin- und Mineralstoffversorgung sicherstellen
✔ Erste Besamung::
Bei 420 – 450 kg Lebendgewicht; Gründe für ein früheres Erstkalbealter: geringere Aufzuchtkosten; weniger Schwergeburten; höhere Milchleistung in der ersten Laktation
✔ Bis zum Abkalben:
Verhalten füttern: 750g Lebensmassezunahme/Tag nicht überschreiten, Verfettung unbedingt vermeiden; 9,5 MJ ME / kg TS bzw. 120 g Rp / kg TS, d. h. kein Kraftfutter, ausreichende Proteinversorgung wichtig! falls möglich: Weidehaltung im zweiten Lebensjahr; Mineralstoff- und Spurenelementversorgung sicherstellen (z.B. über Langzeit-Boli)
✔ Zielwerte der Rinderaufzucht:
Erstkalbealter: 24 Monate; Anteil unfreiwilliger Abgänge < 10 %; Abortrate bei Rindern < 4 %
VERWENDETE LITERATUR:
1) Kunz, H.-J. (2009): Biestmilchmanagement neu überdacht. Nutztierpraxis aktuell (30), 66-69.
2) Godden, S.-M. et al. (2005): Economic analysis of feeding pasteurized nonsaleable milk versus conventional milk replacer to dairy calves. J Am Vet Med Assoc. Vol 226 (9), 1547-1554.
3) top agrar Ratgeber „Kälberaufzucht für Profis“ (2014) ISBN 978-3-7843-5295-4
4) Spannraft, J. et al. (2012): Gesunde, frohwüchsige Kälber. Poster
5) Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, Stand 2009
6) Rademacher, G. (2013): Kälberkrankheiten. 5. Auflage, Ulmer Verlag
7) Dirksen, G. (Hrsg): Die klinische Untersuchung des Rindes, 4. Auflage 2012, Enke Verlag
8) Heckert, H.P. (2011): „Haltung und Klimagestaltung im Kälberbereich“. Vortrag